Kneippsche Güsse: Wohltuende Wasseranwendungen für zu Hause

„Wer keine Zeit für seine Gesundheit hat, wird später viel Zeit für seine Krankheiten brauchen.“ Da behält er recht, der bayrische Priester Sebastian Anton Kneipp, mit dem trefflichen Spitznamen „Wasserdoktor“. Obwohl er diese Erkenntnis schon vor über 150 Jahren gewonnen hat, bleiben seine Worte für alle Zeiten brandaktuell.

Wenn wir an Kneipp denken, kommen uns wohl in erster Linie wohlriechende, entspannende oder anregende Badezusätze in den Sinn. Vor allem aber steht der Name Kneipp für Hydrotherapie, deren Anwendung und Wirkung er im Selbstversuch wiederentdeckte, als er selbst schwer erkrankte. Bis heute werden auf Grundlage seiner hydrotherapeutischen Erkenntnisse akute und chronische Beschwerden vorsorglich sowie lindernd mit Wasser behandelt.

Kneipps Gesundheitskonzepte basieren auf insgesamt 5 Säulen: Wasser, Pflanzen, Bewegung, Balance und Ernährung. In diesem Beitrag dreht sich alles um Wasser, speziell die Kneippschen Güsse und ihre Wirkweise. Wir zeigen Ihnen, wie Sie 3 Arten dieser  wohltuenden Wasseranwendungen ganz einfach zu Hause durchführen können.

Wie wirken Kneippsche Güsse?

Kneippsche Güsse funktionieren nach dem simplen Reiz-Reaktionsprinzip. Unser Körper ist immer um ein Gleichgewicht bemüht, was auch unsere Köpertemperatur einschließt. Reiben wir z. B. einen Eiswürfel auf unserem Handrücken und kühlen ein partielles Hautareal aus, reagiert unser Körper sofort! Er erwärmt den kalten Bereich via Mehrdurchblutung. Ein Prozess, dessen Ergebnis wir deutlich sehen (Röte) und fühlen (Hitze) können. Ein extremes Beispiel, das aber auch mit milderen Temperaturen funktioniert. Dieses ständige Ausgleichsbestreben machen sich Kneippsche Wasseranwendungen zunutze, um genau die Reaktion hervorzurufen, die für eine bestimmte Indikation von Vorteil ist.

Wir wissen: Kälte zieht die Gefäße zusammen, der Blutdruck steigt, daher ist die Wirkung anregend und weckt die Lebensgeister. Wärme dehnt die Gefäße aus, der Blutdruck sinkt, wir beruhigen und entspannen uns. Beide Anwendungen im Wechsel sind ein hervorragendes Gefäßtraining – vorausgesetzt, die Gefäßmuskulatur ist intakt.

Achtung: Bei bestehenden Gefäßschädigungen (z. B. Arteriosklerose, arteriellen Durchblutungsstörungen, offenen Verletzungen …), Herz- und Atemwegserkrankungen, rheumatischen Beschwerden oder akuten Infekten, sprechen Sie bitte vor dem Kneipp-Guss mit Ihrem Arzt.

Wasser Marsch!
Richtig angewendet, können Kneippsche Güsse u. a.:

  • helfen, Ihren Blutdruck zu regulieren
  • Ihre Venen kräftigen und entstauen
  • Sie vegetativ und hormonell in Waage bringen
  • Erkrankungen Ihres Bewegungsapparates heilungsfördernd unterstützen
  • Ihr Immunsystem stärken
  • Ihre Leistungsfähigkeit steigern

„Alt wollen sie werden, gesund wollen sie bleiben, aber etwas tun dafür wollen sie nicht“, behauptet Kneipp, mit einem Augenzwinkern, denn: Wie bei allem gilt auch in der Hydrotherapie das Gesetz der Regelmäßigkeit. Natürliche Behandlungen wirken in der Regel nicht spontan, wie eine Schmerztablette. Wir empfehlen Ihnen am Ball zu bleiben und die Anwendungen über einen längeren Zeitraum, im Idealfall sogar dauerhaft durchzuführen.

Wie funktionieren Kneippsche Güsse zu Hause?

Sie brauchen:

  • warmes und kaltes Wasser
  • einen Schlauch (verstellbarer Duschkopf geht auch. Der Wasserstrahl sollte etwa daumendick und nicht zu druckintensiv, für Sie angenehm sein)

Die Regeln:

  • Für kalte Güsse gilt: Vorher einatmen und mit Beginn des Gusses ausatmen. Nicht die Luft anhalten!
  • Ein Wechselguss fängt immer warm an und endet kalt. Es werden 3 Warm- und 3 Kaltphasen gegossen.
  • Ein Guss beginnt an der segmental herzentferntesten Stelle.
  • Die Warmphasen dauern länger (langsam und verweilen) als die Kaltphasen (zügig).
  • Die Körpertemperatur sollte normal sein (Kaltreize dürfen nur auf warmer Haut verabreicht werden).
  • Die kalte und/oder warme Wassertemperatur liegt im milden Bereich (so warm wie möglich, so kalt, wie nötig). Kalt: ca. +/- 17 bis 20 Grad, warm: +/- 36 bis 38 Grad.
  • Die Wiedererwärmung nach dem Kaltguss erfolgt aktiv – durch Bewegung. Das Wasser wird nur abgestreift, nicht mit dem Handtuch abgerubbelt.
  • Kein Guss unmittelbar vor oder nach den Mahlzeiten (warten Sie ca. 30 Min.).
  • Die Raumtemperatur sollte für Sie angenehm sein (keine Zugluft etc.).

Das Ziel: Eine gleichmäßige milde Rötung und Erwärmung der Haut als Zeichen der Mehrdurchblutung.

Gesichtsguss – der Schönheitsguss (kalt)

  • straffend
  • abschwellend
  • erfrischt müde Augen nach Anstrengung
  • steigert die Hautdurchblutung
  • kann bei gefäßbedingten Kopfschmerzen helfen

Ausführung (zwischendurch das Atmen nicht vergessen 😉

  • Kopf über die Badewanne halten (Handtuch um den Hals als Kleidungsschutz).
  • Der Guss beginnt rechts an der Schläfe und wird im Bogen über die Stirn nach links ausgeführt und wieder zurück (3 Wh.), rechts enden.
  • Der Guss wird senkrecht rechts von der Stirn zum Kinn durchgeführt (3 Wh.), rechts an der Schläfe enden im Bogen über die Stirn ziehen und gleichen Vorgang links wiederholen (3 Mal), links an der Schläfe enden.
  • Mit dem Wasserstrahl Kreise um das ganze Gesicht malen (3 Wh.), zwischen den Augenbrauen enden.
  • Den Wasserstrahl über die Nase, bis zum Kinn ausleiten.
  • Das Gesicht vorsichtig abtupfen.

Armguss (als Wechselguss, 3 Wh.)

  • regt die Blutzirkulation in den Armen an (z. B. bei Neigung zu kalten Händen)
  • verbessert reflektorisch die Durchblutung des Herzmuskels
  • belebend (z. B. bei Frühjahrsmüdigkeit)
  • hilfreich bei Konzentrationsschwächen, Abgeschlagenheit, niedrigem Blutdruck
  • unterstützt die Verbesserung von Schulter- und Armbeschwerden durch einseitige Belastung

Ausführung

  • Den Oberkörper über die die Badewanne beugen, Arme locker, gerade hängen lassen.
  • Der Guss (warm) beginnt am rechten Arm, am Kleinfinger, verläuft außen am Arm, Richtung Schulter, als Bügel über den Schultermuskel (etwas verweilen) und an der Arminnenseite wieder ausleitend bis zum Daumen/Fingerspitzen.
  • Das gleiche Prozedere am linken Arm.
  • Jetzt folgt die Kaltanwendung erst rechts, dann links.
  • Nach den Wiederholungen (3 Wh. warm, 3 Wh. kalt) endet der Guss mit kaltem Wasser.
  • Das Wasser abstreifen, Arme mit dem Handtuch abtupfen.

Knieguss (als Wechselguss, 3 Wh.)

  • vegetativ beruhigend (z. B. als Einschlafhilfe, bei unruhigen Beinen)
  • ableitend
  • trainiert und kräftigt das Gefäßsystem (z. B. bei Krampfadern und Besenreißern)
  • erleichtert schwere, müde Beine und Füße (z. B. nach langem Sitzen oder Stehen)

Ausführung (Sohlenguss lassen wir wegen Rutschgefahr aus. Der Guss wird bei beiden Beinen mit der rechten Hand geführt)

  • In die Badewanne stellen. Achten Sie auf einen festen Stand (ggf. Rutschmatte einlegen).
  • Der Guss (warm) beginnt am rechten Bein, am Kleinzeh, verläuft außen am Unterschenkel, Richtung Knie, als Bügel Handbreit über dem Knie (etwas verweilen) und an der Unterschenkelinnenseite wieder ausleitend bis zum Großzeh/Zehenspitzen.
  • Das gleiche Prozedere am linken Knie.
  • Jetzt folgt die Kaltanwendung erst rechts, dann links.
  • Nach den Wiederholungen (3 Wh. warm, 3 Wh. kalt) endet der Guss mit kaltem Wasser.
  • Das Wasser abstreifen, Beine mit dem Handtuch abtupfen.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Spaß beim Ausprobieren.

Bleiben Sie besser in Bewegung!
Herzliche Grüße
Ihr Team Elithera


Artikel als PDF zum ausdrucken: Elithera Informiert: Kneippsche Güsse für Zuhause

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