Gerade Beine sind ein Schönheitsideal. Ein geschmeidiger, aufrechter, sicherer Gang spiegelt eine selbstbewusste Persönlichkeit wider und wirkt attraktiv. O- oder X-Beine sind erst einmal vor allem ein optisches Problem für die Betroffenen. Die Fehlstellung an sich verursacht keine Beschwerden. Über die Jahre kann sie allerdings gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Strukturelle Schäden an Menisken und Knorpel sind mögliche Konsequenzen. Ein O- oder X-Bein begünstigt Arthrose in den Knien. Durch die einseitige Belastung außen oder innen nutzt sich der Knorpel im Gelenk ungleichmäßig ab – bis im Extremfall Knochen auf Knochen reibt. Bei einseitig ausgeprägter Fehlstellung des Knies nach innen oder außen kann sogar die gesamte Statik in Mitleidenschaft gezogen werden.
Für wen kommt eine Umstellungsosteotomie infrage? Womit sollte man nach einer operativen Achsenkorrektur des Kniegelenks rechnen? Und welche Rolle spielt Physiotherapie nach einer Umstellungsosteotomie?
Auf die Welt kommen wir alle mit O-Beinen und höchstwahrscheinlich hat auch jeder von uns seine ersten Schritte auf krummen Beinchen gemacht. Sobald wir anfangen zu laufen, tendieren wir zu X-Beinen. Diese Abweichungen bzw. „Verschiebungen“ in unseren Kniegelenken sind in der Regel normal und verwachsen sich dann im ca. 10. Lebensjahr. Bleibt eine Fehlstellung unbehandelt, tragen wir sie mitsamt ihren Nachwirkungen ins Erwachsenenalter.
Neben:
- Vitamin-D-Mangel im Säuglingsalter
- Knick- oder Senkfußstellungen
- Unfällen
- unterschiedlich stark beanspruchten und ausgeprägten Beinmuskeln
können auch Sportarten, die vermehrt in jungen Jahren mit hohen Stoßbelastungen betrieben werden, auf Dauer eine Achsenfehlstellung im Kniegelenk verursachen (z. B. Fußball, Tennis …)
Viele Menschen leben bis ins hohe Alter beschwerdefrei mit ihren O- oder X-Beinen. Häufig kommt es darauf an, wie stark die Gelenke beansprucht und belastet werden. Wenn das optische Problem zum Schmerzproblem wird, kann eine Umstellungsosteotomie eine Schlittenprothese (Knie-TEP) hinauszögern.
Voraussetzung dafür sind:
- eine gute Knochenqualität/-struktur
- dass nicht alle Anteile des Kniegelenks komplett verschlissen sind
- dass der Patient jung ist, bzw. ein junggebliebener, aktiver Senior ist
Erfahrungsbericht: Umstellungsosteotomie bei O-Bein-Stellung
Holger Wessel*, ehemaliger Amateur-Fußballer und Physiotherapeut hatte 2017 eine einseitige Umstellungsosteotomie nach mehreren vorangegangenen Verletzungen und Meniskusoperationen. Korrigiert wurde seine O-Bein-Stellung im DIAKOVERE Friederikenstift Hannover, nachdem er lange Zeit über Schmerzen im linken Knie geklagt hatte. Alternative war eine Schlittenprothese. Mit 48 Jahren war er dafür zu jung. Außerdem hatten Schichtaufnahmen im MRT (Magnetresonanztomografie) gezeigt, dass lateral (außen) sowohl der Meniskus als auch der Gelenkknorpel intakt waren.
Die Operation erfolgte unter Vollnarkose und dauerte ca. 3,5 Stunden. Danach 4 Tage stationärer Aufenthalt im Krankenhaus. Holger Wessel wurde mit Gehstützen entlassen und der Order, das linke Bein nur mit reduziertem Körpergewicht zu belasten (Teilbelastung).
Wie ging es weiter?
H.W.: 3 Wochen ambulante Reha. Schwerpunktmäßig in der Therapie standen Lymphdrainage, Krankengymnastik und adäquate Bewegung auf dem Programm, meiner Teilbelastung entsprechend. Im Anschluss durchhalten – weiter Krankengymnastik und Bewegung. Nach ca. 4 Wochen Untersuchung, Röntgen und endlich wieder volle Belastung. Die Operation war sehr gut verlaufen. Was blieb, waren Schmerzen. Durch konsequente Behandlung – vor allem Krankengymnastik – und Bewegung wurden meine Beschwerden sukzessive weniger aber ich hatte insgesamt bestimmt ein halbes Jahr damit zu tun. Wieder arbeiten gegangen bin ich nach 10 Wochen. Fußball spiele ich nicht mehr, dafür walke ich. Das tut mir gut. Ich möchte mein Gelenk so lange wie möglich erhalten.
Sind Schmerzen nach der OP normal?
H.W.: Aus eigener Erfahrung und durch die Patienten, die ich nach so einem Eingriff betreue, weiß ich, dass man nach der Operation über einen gewissen Zeitraum mit Schmerzen rechnen muss. Das Gelenk wird umgestellt und die Knochen mit Metallschrauben in eine gerade Position fixiert, das muss der Körper erst einmal verarbeiten und annehmen. Viele Patienten denken, nach einer Operation – spätestens nach der Reha ist spontan alles wieder in Ordnung und wenn nicht, ist etwas schiefgelaufen. Das ist aber regulär nicht der Fall. Wer sich für eine Umstellungsosteotomie entscheidet, sollte eigenverantwortlich denken und handeln. Die Bereitschaft, selbst aktiv zu sein, regelmäßig zur Physiotherapie zu gehen und sich auch im Alltag gesundheitsbewusst zu verhalten, ist eine Grundvoraussetzung. Resignieren, sich schonen und abwarten, dass es besser wird ist kontraproduktiv.
Womit muss man nach einer Umstellungsosteotomie rechnen?
H.W.: Wenn sich Beine in einer O-Bein-Stellung befinden, verändert eine einseitige Begradigung die Statik. Daher ist es sinnvoll, sich im Anschluss an die OP bei einem Orthopäden vorzustellen. Das korrigierte Bein wird in der Regel länger. Doch nicht nur die Beinlängendifferenz sollte ausgeglichen werden, sondern gegebenenfalls auch die Fußstellung des operierten Beines, die sich durch die Begradigung des Kniegelenks verändert haben kann. Gegebenenfalls muss eine Einlagenversorgung erfolgen. Bei mir war das der Fall, dauerhaft für beide Füße.
Eine Umstellungsosteotomie erfordert zwei operative Eingriffe. Als erstes die Korrektur-Operation und im zweiten Step (bei mir in 2019, also knapp 2 Jahre später) die Entfernung des Metalls.
Einige meiner Patienten klagen über das Fremdkörpergefühl und können es kaum abwarten, die „Verschraubung“ wieder loszuwerden. Den frühestmöglichen Termin dafür bestimmt der Arzt. Meine Operation für die Metallentfernung war unkomplizierter. Um das Metall zu entfernen, wurde die „alte“ Narbe, also der erste Schnitt geöffnet. Es gab keine weitere Narbenbildung. Die Operation wurde ebenfalls unter Vollnarkose durchgeführt. Ich blieb zur Beobachtung eine Nacht im Krankenhaus und war anschließend für 2 Wochen krankgeschrieben. Auch hier hat mir gezielte Krankengymnastik mit Bewegungstherapie im Anschluss geholfen, mich schnell wieder sicher auf den Beinen zu fühlen.
Welche Rolle spielt Physiotherapie nach einer Umstellungsosteotomie?
H.W.: Eine sehr wichtige Rolle! Ohne Krankengymnastik, adäquate Bewegung und das abschließende Training der Beinmuskulatur für Halt und Stabilität, sehe ich persönlich den Heilungsprozess nicht abgeschossen. Wer nach seiner Operation eine großartige Verbesserung erwartet, sollte bereit sein, viel Einsatz dafür zu bringen. Als Physiotherapeut mit fast 20-jähriger Berufserfahrung in der orthopädisch/chirurgischen Nachsorge kann ich gut vergleichen. Es gibt natürlich nicht nur die einen oder die anderen, allerdings sind grundsätzliche Tendenzen zu erkennen.
Ich behandle Patienten, die selbst initiativ sind und sich für ihre Gesundheit – auch über ihre Therapieeinheiten hinaus – engagieren. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die finden 2 Krankengymnastik-Termine pro Woche seien genug Eigen-Einsatz. Wer ist wohl schneller wieder am Start? Um diese Frage zu beantworten, braucht man keine Ausbildung als Physiotherapeut.
Die Verantwortung für unsere Gesundheit können wir nicht abgeben, weder an den Operateur, den nachversorgenden Arzt, noch an einen Therapeuten oder ein Medikament. Wer aktiv bleiben möchte, muss aktiv werden. So einfach ist das.
Bei Elithera bieten wir Ihnen eine optimale Versorgung nach Ihrer Umstellungsosteotomie an. Gezielte Krankengymnastik, manuelle Therapie, spezielle Bewegungsprogramme und Muskelaufbautraining können Ihren Genesungsprozess beschleunigen.
Sprechen Sie uns an. Bei ärztlich verordneter Therapie sind wir auch während der Lockdown-Phase für Sie da.
Bleiben Sie besser in Bewegung
Ihr Team Elithera
Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige aller Geschlechter.
*Name von der Redaktion geändert